Danjiang Bridge/ (c) Paddy Chao

Architektur & Immobilien

BUILDINGS THAT MATTER

Eine Vorschau auf die Projekte, die 2026 nicht nur eröffnet werden – sondern Position beziehen.

Von Linda Pezzei

2026 wird kein Jahr der lauten Gesten. Es wird ein Jahr der Vollendung, der Transformation und der Verantwortung. Viele der wichtigsten Architekturprojekte, die nun eröffnen, waren lange in Planung – einige über Jahrzehnte hinweg. Was sie verbindet, ist weniger ikonische Form als eine neue Ernsthaftigkeit: Architektur als kulturelles Gedächtnis, als urbane Infrastruktur und als sozialer Resonanzraum.

Design DE LUXE blickt voraus – auf jene Studios und Bauten, die 2026 prägen werden.

1. Adjaye Associates | Architektur der Erinnerung

Mit den Projekten in Barbados zeigt Adjaye Associates 2026 eine Architektur, die weit über das Bauen hinausgeht. Das Barbados National Performing Arts Centre entsteht nicht als singulärer Neubau, sondern als Transformation eines temporären Holzpavillons in eine dauerhafte kulturelle Institution – radikal nachhaltig, ressourcenschonend und symbolisch aufgeladen.

(c) Barbados Performing Arts Centre

Holz wird hier zum Medium der Veränderung: technisch innovativ, metallfrei gefügt und konsequent wiederverwendbar gedacht. Ergänzt wird das Kulturzentrum durch das Newton Enslaved Burial Ground Memorial, einen stillen, kraftvollen Ort des Gedenkens, der 570 versklavten Menschen eine würdige Präsenz im öffentlichen Raum verleiht.

Architektur wird hier zum Träger kollektiver Erinnerung, zur räumlichen Haltung. 2026 steht Adjaye Associates exemplarisch für eine globale Architektur, die Verantwortung übernimmt – historisch, gesellschaftlich und ökologisch.

2. BIG – Bjarke Ingels Group | Pragmatische Utopie

Mit CityWave vollendet BIG 2026 den CityLife-Masterplan in Mailand – und entscheidet sich bewusst gegen die naheliegende Geste eines weiteren Hochhauses. Stattdessen spannt eine 140 Meter lange, photovoltaisch aktive Überdachung zwei Gebäude zusammen und schafft darunter einen neuen öffentlichen Stadtraum.

CityWave ist Büroarchitektur, die sich nicht abschottet, sondern öffnet: als schattenspendende Piazza, als energetisches Kraftwerk, als soziale Infrastruktur. Nachhaltigkeit wird hier nicht moralisch aufgeladen, sondern architektonisch erfahrbar gemacht.

BIG zeigt 2026, wie sich ökologische Performance, urbane Großzügigkeit und wirtschaftliche Nutzung zu einer neuen Typologie verbinden lassen – pragmatisch, optimistisch und überraschend selbstverständlich.

3. Zaha Hadid Architects | Infrastruktur als Skulptur

Die Danjiang Bridge in Taipei markiert 2026 einen Höhepunkt zeitgenössischer Infrastrukturarchitektur. Als weltweit längste asymmetrische Einmast-Schrägseilbrücke verbindet sie technische Präzision mit skulpturaler Klarheit.

Der einzelne, rund 200 Meter hohe Mast trägt eine Spannweite von 450 Metern und wurde so positioniert, dass Landschaft, Ökosystem und die ikonischen Sonnenuntergänge respektiert bleiben. Unter der Leitung von Patrik Schumacher zeigt Zaha Hadid Architects, wie parametrisches Design erwachsen geworden ist: weniger formale Selbstreferenz, mehr Verantwortung für Kontext, Maßstab und Wirkung.

Die Danjiang Bridge ist kein Objekt, das sich in den Vordergrund drängt, sondern ein Landmark, das sich aus seiner Umgebung heraus erklärt.

Danjiang Bridge/ (c) Paddy Chao

4. Snøhetta | Kollektive Landschaften

Mit der Eröffnung des Shanghai Grand Opera House im März 2026 unterstreicht Snøhetta einmal mehr ihren transdisziplinären Ansatz. Das Gebäude versteht sich nicht als isolierter Kulturbau, sondern als öffentlich zugängliche Landschaft.

Ein spiralförmig aufgefaltetes, begehbares Dach wird zur urbanen Bühne – die Oper wird Teil des Alltags. Architektur, Landschaft, Innenraum und Grafik verschmelzen zu einem kollektiven Erlebnisraum, der rund um die Uhr zugänglich ist.

2026 steht Snøhetta für eine Architektur, die kulturelle Institutionen demokratisiert und Gebäude als soziale Infrastruktur denkt – offen, inklusiv und tief im Stadtraum verankert.

5. Herzog & de Meuron | Präzision & Transformation

Kaum ein anderes Büro zeigt 2026 eine vergleichbare Bandbreite wie Herzog & de Meuron. Der Titlis Tower eröffnet am 28. Mai 2026 auf über 3.000 Metern Höhe und transformiert eine bestehende Infrastrukturanlage in ein alpines Wahrzeichen – präzise, reduziert und kraftvoll.

Das Amherst College Student Center & Dining Commons folgt im Herbst 2026 als Massivholzbau, der Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und Wiederverwendung in den Mittelpunkt stellt. Im Dezember 2026 wird schließlich das Memphis Brooks Museum of Art fertiggestellt – ein kultureller Ankerpunkt an der Mississippi-Waterfront, der Stadt, Landschaft und Öffentlichkeit miteinander verbindet.

2026 zeigt Herzog & de Meuron als Jahr der Konsequenz: Architektur als präzise Antwort auf sehr unterschiedliche Kontexte – ohne je ihre Haltung zu verlieren.

6. Neri&Hu | Architektur der kulturellen Kontinuität

Neri&Hu prägen 2026 weniger durch einzelne Neueröffnungen als durch die Konsequenz ihrer architektonischen Haltung. Ihr Einfluss auf Hospitality, adaptive Reuse und kulturell verankertes Design wirkt weit über einzelne Projekte hinaus.

The Shàng/ (c) Zhu Runzi

Arbeiten wie das Sanya Wellness Retreat oder jüngste Transformationen zeigen eine Architektur, die Geschichte nicht zitiert, sondern fortschreibt. Materialien, Handwerk und räumliche Sequenzen werden zu Trägern kultureller Kontinuität. 2026 steht Neri&Hu exemplarisch für eine Haltung, die global arbeitet, ohne zu globalisieren – und lokale Narrative als Grundlage zeitgenössischer Architektur versteht.

The Shàng/ (c) Zhu Runzi

Fazit – Das Architekturjahr 2026

Die Architektur im Jahr 2026 wird leiser, bewusster und langfristiger gedacht. An die Stelle ikonischer Einzelgesten treten Transformation, Erinnerungskultur, nachhaltige Materialstrategien und neue Formen von Öffentlichkeit. Holz, Erde und hybride Konstruktionen ersetzen monolithische Systeme, Gebäude entwickeln sich zu sozialen Plattformen und kulturellen Infrastrukturen. 2026 ist kein Jahr der schnellen Bilder, sondern eines der gebauten Haltung.

Newsletter Anmeldung

* Angaben erforderlich

Indem Sie unten auf „Abonnieren“ klicken, bestätigen Sie, dass Ihre Informationen zur Verarbeitung an unseren Newsletter Partner übermittelt werden. Weitere Informationen entnehmen Sie unserer Datenschutzerklärung.