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Schon schräg: Wohnen in Asymmetrie
Ein Regal, das nicht mittig an der Wand endet. Ein Tisch, dessen Platte über drei unterschiedlich lange Beine kippt. Asymmetrie macht Wohnräume spannender und beweglicher – der Albtraum aller „Monks“, die alles perfekt ausrichten.
Ordnung galt lange als das höchste Wohnideal. Alles hatte seinen Platz, möglichst symmetrisch, möglichst gerade. Links ein Sessel, rechts ein Sessel, Tisch in der Mitte, Vase exakt zentriert. Ein Setup, das beruhigt und Orientierung verspricht. Doch immer mehr Menschen verabschieden sich von dieser strengen Form des Wohnens und entdecken dabei, dass Räume lebendiger wirken, wenn nicht alles perfekt aufgeht.
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Die klassische Moderne baute auf Symmetrie: klare Achsen, paarweise Anordnungen, Ausgewogenheit als Ideal. Mies van der Rohe setzte Stühle spiegelbildlich, Le Corbusier dachte in Rastern. Diese Ordnung beruhigt, sie gibt Halt. Doch sie kann auch starr wirken, vorhersehbar. Asymmetrische Gestaltung setzt einen anderen Akzent. Sie lässt Räume atmen, erzeugt Spannung ohne Unruhe, Dynamik ohne Chaos.
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Der japanische Begriff Fukinsei beschreibt genau das: die Schönheit des Ungleichgewichts. In der Teezeremonie steht die Vase nie zentral, im Garten führt der Weg in Kurven. Asymmetrie wird hier nicht als Fehlen von Ordnung verstanden, sondern als bewusste Setzung. Der italienische Designer Achille Castiglioni, dessen Leuchten und Möbel oft aus verschobenen Ebenen und ungleichen Proportionen bestehen, formulierte es so: „Wenn die Form überrascht, beginnt das Denken."
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Verschiebung als Methode
Asymmetrie entsteht durch Verschiebung, entweder innerhalb eines Möbelstücks, aber auch durch Anordnung: Eine Sitzgruppe, die nicht symmetrisch um einen Mittelpunkt angeordnet ist, sondern in Clustern den Raum besetzt. Ein Sideboard, das nur an einer Seite auf Beinen steht, während die andere Kante aufliegt. Solche Entscheidungen lenken die Aufmerksamkeit. Der Blick folgt nicht mehr einer vorhersehbaren Route, sondern sucht sich seinen Weg.
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Der belgische Gestalter Maarten Baas etwa baut Stühle, deren Lehnen schief stehen, deren Beine unterschiedliche Winkel haben. Die südafrikanische Designerin Porky Hefer fertigt hängende Sitzformen, die bewusst unregelmäßig ausfallen – jede Naht, jede Wölbung folgt ihrer eigenen Logik. Solche Stücke fordern den Raum heraus.
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Das gilt auch für die Komposition ganzer Räume. Wer asymmetrisch einrichtet, denkt in Gewichten, nicht in Spiegelungen. Ein niedriger Couchtisch auf der einen Seite, ein hohes Regal auf der anderen. Eine Leuchte, die nicht über der Tischmitte hängt, sondern seitlich versetzt.
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Wie man Asymmetrie zuhause einziehen lässt
Man braucht dafür keine großen Umbaumaßnahmen.
Ein paar einfache Ansätze:
Ein Sofa leicht aus der Mitte rücken
Eine Stehlampe bewusst schräg zum Tisch stellen
Den Teppich nicht exakt ausrichten
Ein Bild bewusst seitlich hängen statt zentriert
Wichtig ist, dass es nicht zufällig wirkt. Es geht nicht um Unordnung – sondern um Lockerheit.
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Titelbilder: Quer: Hoch: Guillermo Meza/ Pexels; Hoch: Yusuf P/ Pexels

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