Kaum ein anderes Material weckt so viele Erinnerungen wie die bunten Steine in Wiener Traditionscafés oder die kunstvollen Beläge mediterraner Palazzi, die Geschichten aus vergangenen Jahrhunderten bewahren.
Lange Zeit als Relikt einer vergangenen Ära betrachtet, erlebt das vielseitige Material nun ein fulminantes Comeback und findet sich in unterschiedlichsten modernen Designs wieder.
Was ist Terrazzo?
Terrazzo ist ein traditioneller Verbundwerkstoff, der aus einer Mischung von Zement oder Harz mit verschiedenen Zuschlagstoffen wie Marmor-, Quarz- oder Granitstücken besteht. Nach dem Aushärten wird die Oberfläche geschliffen und poliert, wodurch das charakteristische, mosaikartige Muster entsteht. Dieses Verfahren macht Terrazzo nicht nur besonders widerstandsfähig und langlebig, sondern verleiht ihm auch eine einzigartige, individuell gestaltbare Optik. Aufgrund seiner robusten Eigenschaften eignet sich Terrazzo sowohl für Böden als auch für Möbel und Wandverkleidungen.

Seinen Ursprung hat Terrazzo in der Antike. Bereits die Römer nutzten das Material, um prachtvolle Mosaikböden zu gestalten, indem sie Marmorsplitter in Kalkzement einarbeiteten. In der Renaissance erlebte Terrazzo eine Blütezeit in venezianischen Palazzi, später fand er in den 1950er- und 60er-Jahren Eingang in moderne Architektur und öffentliche Gebäude. Doch dann verschwand er – zu bieder, zu schwer, zu altmodisch. Heute ist Terrazzo wieder da, und das in völlig neuer Form.

Der Trend zu natürlichen, langlebigen Materialien und die Lust auf mutige Muster haben Terrazzo zurück ins Rampenlicht geholt. Doch anders als früher ist das Material heute nicht mehr nur in gedeckten Erdtönen zu finden. Designer spielen mit leuchtenden Farben, großen und kleinen Gesteinsstücken, matten und glänzenden Oberflächen. Zudem gibt es heute innovative Varianten: Terrazzo aus recycelten Glasstücken, fugenlose Gussflächen oder sogar Tapeten mit Terrazzo-Optik.
In Österreich
Eine Italienreise hat das Leben von Franz Gierer und seiner Familie grundlegend verändert. 1939 reiste er mit dem Singverein durch Italien und wurde von den prachtvollen Terrazzoböden in Palästen inspiriert. Heute bietet das Unternehmen Gierer eine Vielzahl an Rezepturen an, die sowohl Standardmuster als auch Archivmuster der letzten 80 Jahre umfassen. Archivmuster können auf Wunsch rekonstruiert werden, und auch individuelle Sondermuster sind möglich.
Susanna Annerl-Gierer betont, dass die Möglichkeit, Farben und Formen individuell zu kombinieren, Terrazzo zu einem einzigartigen Material mache. Sie hebt außerdem hervor, dass Terrazzo durch die handwerkliche Verarbeitung eine besondere Ausstrahlung erhalte, die ihm Langlebigkeit verleihe. Einige Kundinnen und Kunden verleihen ihrem Terrazzo eine persönliche Note, indem sie Steine von besonderen Orten, etwa aus dem letzten Urlaub, in das Material integrieren lassen.
Sinnbild für einen nachhaltigen Designansatz
Während Terrazzo lange auf Fußböden beschränkt war, taucht er heute überall auf. Küchentheken und Esstische aus poliertem Terrazzo verleihen Räumen eine luxuriöse Note. Lampen, Waschbecken und Sideboards werden mit Terrazzo-Elementen zu stilvollen Hinguckern. Selbst Wohnaccessoires wie Tabletts, Blumentöpfe oder Seifenschalen greifen das ikonische Muster auf.

Ein besonders innovatives Beispiel ist das Designstudio Dzek, das Terrazzo in eine völlig neue Dimension hebt. Ihr „Marmoreal“-Material verbindet großformatige Marmorsplitter mit einer modernen Farbpalette und bringt Terrazzo in die Welt der High-End-Interiors. Auch Labels wie Concrete Cat oder Faina Design aus der Ukraine setzen auf Terrazzo – mal in pastelligen Tönen, mal in kräftigem Schwarz-Weiß-Kontrast.

Neben der Ästhetik überzeugt Terrazzo auch durch seine Nachhaltigkeit. Im Gegensatz zu kurzlebigen Trends setzt Terrazzo also auf Beständigkeit – ein Designkonzept, das perfekt in die heutige Zeit passt.