Design & Interieur

Zu schräg, um Mainstream zu sein: Ungewöhnliches Design aus Österreich

Kitsch? Ironie? High-End-Handwerk? Österreichs neue Designszene lässt sich in keine Schublade stecken.

Von Julia Weninger

Ob multisensorische Vasen, zuckersüße Spiegel oder nachhaltige Schaukelstühle: Eine neue Generation von Gestalter:innen bricht mit dem Bekannten. Vergessen Sie, was Sie über gutes Design zu wissen glauben. Die spannendsten Arbeiten aus Österreich haben längst mit klassischen Kriterien wie funktional, schön, klar gebrochen – zugunsten von Objekten, die an Grenzen kratzen. Zwischen Keramik, Kreislaufwirtschaft, Popkultur und Poesie entsteht eine neue Szene.

Design DE LUXE zeigt vier Werke , die sich nicht einordnen lassen – und genau deshalb so relevant sind.

Teresa Berger – Wenn Keramik den Ton angibt

Teresa Berger baut Vasen, die aussehen wie Skulpturen, sich anfühlen wie Haute Couture und manchmal sogar klingen. Die Designerin mit Sitz in Wien bringt Handwerk, Forschung und visuelle Poesie zusammen – mit Ton, den sie in Schlickerguss-Technik verarbeitet, und Glasuren, die sie selbst entwickelt wie ein Parfum.

Ihre Vase Tactile Pink ist eine haptische Provokation: Weich, wulstig, pastellfarben, irgendwo zwischen Dessert und Alienkörper. Und dann wäre da noch der Sound Donut – eine Keramikschale mit integriertem Bluetooth-Lautsprecher, die mittels Frequenzmodulation beeinflusst, wie süß oder bitter uns das Dessert erscheint. Es klingt nach Gimmick, ist aber ein Beitrag zur Gastrophysik. Essen wird hier zum multisensorischen Ritual – und Design zur Bühne.

© Teresa Berger

studio högl borowski – Zuckerguss, der nach Design schmeckt

Donuts sind Pop, Zucker, Überfluss. Und genau deshalb ein ideales Objekt für Stefanie Högl und Matthias Borowski. Ihr Donut Mirror ist ein Spiegel, der aussieht, als käme er direkt aus einem Pâtisserie-Traum: dicke Glasur, Schaumstoff, Holz – alles handgefertigt und mit ironischer Ernsthaftigkeit umgesetzt.

Was wie Deko aussieht, ist in Wahrheit ein Kommentar auf Materialfetisch, Konsum und Design-Kitsch. Der Donut wird nicht gegessen, sondern reflektiert. Gleichzeitig ein humorvoller Fingerzeig auf Instagram-Ästhetik und ein präziser Entwurf zur Frage: Was ist eigentlich »wertvoll«, wenn alles nach Zuckerwatte aussieht?

© studio högl borowski

ante up – Schaukelstuhl aus Ozeanplastik

Der TIDE Chair ist kein Statement-Piece, er ist ein Materialexperiment. Entstanden aus recycelten Kunststoffplatten, gesammelt aus Industrieabfällen und Meeresplastik, zeigt das Designstudio ante up, wie sich Kreislaufwirtschaft nicht nur denken, sondern auch setzen lässt.

Das Design? Ein Schaukelstuhl, inspiriert von den Bewegungen der Gezeiten. Minimal in der Form, maximal im Anspruch. Keine neue Silhouette, keine spektakulären Farben – und genau darin liegt die Sprengkraft. Denn der Stuhl will gar nicht ikonisch sein. Er will sinnvoll sein. Und bleibt dabei seltsam schön.

© ante up

KIM+HEEP – Wurst und Porzellan

Very Vienna ist das Frankfurter-Würstel Set: Denn Wien ist voller Widersprüche: Hochkultur trifft Würstelstand, Oper auf Asphalt. Das Designduo KIM+HEEP bringt genau diesen Clash auf den Teller. Ihr Wiener Frankfurter-Servierteller zitiert klassisches Kaffeehaus-Porzellan – nur, dass er exakt auf die Maße einer Frankfurter Wurst zugeschnitten ist. Subtil? Auf keinen Fall. Brillant? Absolut.

Die beiden arbeiten an der Schnittstelle von Architektur und Produktdesign – und genau da entsteht auch dieses Objekt. Ein ironisches Spiel mit Codes, Genussritualen und Designernst. Denn am Ende geht’s hier nicht um eine Wurst. Sondern um alles, was man daraus machen kann.

© KIM + HEEP

Titelbild: © Teresa Berger

Newsletter Anmeldung

* Angaben erforderlich

Indem Sie unten auf „Abonnieren“ klicken, bestätigen Sie, dass Ihre Informationen zur Verarbeitung an unseren Newsletter Partner übermittelt werden. Weitere Informationen entnehmen Sie unserer Datenschutzerklärung.