
Weinkeller richtig gestalten: Tipps und Tricks
Warum der Weinkeller mehr sein sollte als bloß ein Lager und worauf es bei Planung und Umsetzung ankommt.
Ob für 50 oder 500 Flaschen – gute Planung lohnt sich immer. Denn ein Weinkeller ist längst nicht mehr nur ein Lagerraum, er wird vielmeh rein Teil der Markenidentität, ist ein Verkaufsargument und auch ein Erlebnisort. Ob in der Gastronomie, im Hotel, im Einzelhandel oder im privaten Luxussegment: Wer einen Weinkeller gestaltet, bewegt sich heute im Spannungsfeld zwischen technischer Präzision und emotionalem Raumdesign.
Die Ansprüche sind gestiegen: Technisch muss er perfekte klimatische Bedingungen bieten, Ggstalterisch soll er Atmosphäre erzeugen. Doch welche Faktoren sind entscheidend und worauf kommt es bei der Planung wirklich an?
Klima ist nicht verhandelbar
Der wichtigste Punkt bei jeder Planung ist die Klimastabilität. Ohne das richtige Temperatur- und Feuchtigkeitsniveau nützt selbst das schönste Design nichts. Wein reagiert empfindlich auf Schwankungen – nicht nur im Geschmack, sondern auch in seiner Haltbarkeit.
Die optimalen Bedingungen liegen bei einer konstanten Temperatur zwischen 10 und 14 °C sowie einer Luftfeuchtigkeit zwischen 60 und 75 %. Zusätzlich sollten Lichteinfall und Luftzirkulation kontrolliert werden. Tageslicht – besonders UV-Licht – ist schädlich und sollte unbedingt vermieden werden.
In Neubauten lassen sich diese Bedingungen am besten im erdberührten Bereich realisieren. Bei Umbauten oder in urbanen Lagen kommen professionelle Klimasysteme ins Spiel, die Temperatur und Feuchtigkeit aktiv regeln. LED-Beleuchtung mit warmem Farbspektrum und niedriger Wärmeabgabe ist heute Standard.
Flexible Lagersysteme, angepasst an den Bedarf
Nicht jede Flasche braucht die gleiche Form von Aufmerksamkeit – aber jede braucht Platz. Die Wahl der Lagermodule richtet sich nach Nutzung, Frequenz und Zielgruppe.
In der Gastronomie sind robuste Regalsysteme gefragt, die schnellen Zugriff ermöglichen. Im Fachhandel oder bei Sammlern spielen Übersichtlichkeit und Typensortierung eine größere Rolle. High-End-Konzepte setzen auf Einzelpräsentation – idealerweise so inszeniert, dass auch Laien sofort die Wertigkeit des Inhalts erkennen.
Materialwahl und Verarbeitung sind entscheidend: Massivholz (z. B. Eiche oder Zeder) schafft ein klassisches Ambiente und wirkt klimaregulierend. Metall und Stein wirken moderner und sind besonders in Kombination mit Lichtinstallationen reizvoll.
Struktur statt Chaos
Ein gut gestalteter Weinkeller folgt einer klaren Logik. Struktur hilft dabei, Ordnung zu halten, Zeit zu sparen und Fehler zu vermeiden.
In der Praxis bewährt haben sich folgende Zonen:
Reifelager: Für Weine, die langfristig ruhen. Wenig Licht, möglichst unzugänglich.
Zugriffszonen: Für tägliche Nutzung. Übersichtlich, beschriftet, oft nach Weintyp, Region oder Jahrgang sortiert.
Präsentationsflächen: Gläserne Wände, eingelassene Spots oder inszenierte Einzelstücke – vor allem in publikumsnahen Bereichen.
Tasting-/Hospitality-Bereich: Für Verkostung, Beratung oder Events. Oft mit Tisch, Gläserschrank, neutralem Licht und wohnlicher Atmosphäre.
Wie will ich meinen Wein erleben?
Als stillen Schatz im Hintergrund? Als Teil meines Interieurs? Oder als Bühne für gemeinsame Abende mit Freunden?
Je nach Geschmack, Wohnsituation und Anspruch ergeben sich ganz unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten – von der minimalistischen Designnische bis zum wohnlichen Verkostungsraum. Hier sind die gängigsten Stile und wie man sie sinnvoll einrichtet.
Minimalistisch & modern – der reduzierte Stil
Für wen: Architektur-affine Weintrinker:innen, Purist:innen, Designliebhaber:innen
Wo: Neubau, Stadtwohnung, Design-Lofts
Kühle Materialien, klare Linien, dunkle Töne: Der moderne Weinkeller ist zurückhaltend und hochwertig. Beton, Stahl, Schwarzglas oder Aluminium sorgen für eine sachliche Atmosphäre – das Gegenteil von rustikalem Charme.
Die Weinflaschen sind dabei nicht nur gelagert, sondern fast wie grafische Objekte arrangiert. Beliebt sind modulare Regalsysteme in Metall oder Acryl, die bündig in die Wand eingelassen werden. Beleuchtung erfolgt meist indirekt – LED-Strips hinter Regalen oder eingelassene Spots setzen gezielt Akzente.
Tipp: Wer keinen klassischen Kellerraum hat, kann mit einem klimatisierten Weinschrank oder einer verglasten Wandnische ähnliche Wirkung erzielen und das sogar im offenen Wohnbereich.
Rustikal & wohnlich – der klassische Weinkeller
Für wen: Genießer:innen mit Hang zur Tradition, Altbau-Besitzer:innen, Landhaus-Fans
Wo: Altbau, Souterrain, Kellergewölbe, Nebengebäude
Warme Materialien, sichtbare Strukturen, ein Hauch Toskana: Der rustikale Weinkeller ist der Inbegriff gemütlicher Lageratmosphäre. Dominierend sind Naturstein, Ziegelmauerwerk, dunkles Holz und Eisenbeschläge.
Regalsysteme aus massivem Holz – häufig in Kreuzstruktur – schaffen Platz für Flaschen in allen Formaten. Antike Möbel, eine kleine Tafel oder ein alter Weinfass-Tisch laden zum Verkosten ein. Gedimmtes Licht, Textilien und vielleicht ein Wandregal mit Gläsern oder Karaffen runden das Gesamtbild ab.
Tipp: Wichtig ist hier ein stabiles Raumklima. Rustikale Materialien sehen authentisch aus, sollten aber gut belüftet und mit einem dezenten Klimasystem unterstützt werden.
Integriert & offen – der Wein im Wohnraum
Für wen: Stilbewusste Gastgeber:innen, urbane Ästhet:innen, Sammler:innen mit wenig Platz
Wo: Wohn- oder Essbereich, offene Küchen, Galerien
Immer mehr Weinliebhaber:innen verzichten auf einen abgeschlossenen Raum – und integrieren den Weinkeller sichtbar ins Wohnkonzept. Eine raumhohe Weinwand aus Glas, ein begehbarer Weinschrank oder eine klimatisierte Einbaunische schaffen echten Wow-Effekt.
Die Materialien orientieren sich meist am restlichen Interior – etwa schwarz eloxiertes Aluminium, Rauchglas, Naturholz oder Marmor. Das Licht spielt hier eine zentrale Rolle: punktuelle Spots, flächiges LED-Backlight oder sogar farbige Akzente inszenieren die Sammlung wie ein Kunstobjekt.
Tipp: Wer den Wein sichtbar lagert, sollte auf kontrolliertes Licht, vibrationsfreie Lagerung und präzise Temperatursteuerung achten. Hier geht Design mit Technik Hand in Hand.
Hybrid & funktional – die clevere Kombilösung
Für wen: Sammler:innen mit Platzbedarf, Vieltrinker:innen mit System, Familien mit Geschmack
Wo: größere Einfamilienhäuser, Anbauten, Umnutzungen (Garage, Nebentrakt)
Hier treffen Zweck und Stil aufeinander. Ein Bereich dient der Lagerung in stapelbaren Modulen, Kartonplätzen oder kühlen Ecken. Der andere Bereich ist wohnlich gestaltet, mit Sitzgelegenheit, Weinbibliothek, Gläserschrank und Platz für Gäste.
Beliebt sind hier kombinierte Systeme: etwa Massivholzregale für Alltagsweine, klimatisierte Vitrinen für Raritäten und ein robuster Boden, der auch Kartons verträgt. Der Raum wird nicht überinszeniert, sondern bleibt nutzbar – für Events, Tastings oder einfach nur einen ruhigen Abend.
© Sandy Shepherd, Belu, Thaunay, Jackie Rothermich, Sarah Pagés, khushbuu bhavsar