Design & Interieur

Paris Design Week 2025: Trends, Fundstücke und Installationen zum 15-jährigen Jubiläum

Von skulpturalen Möbelgriffen über textile Landschaften bis hin zu radikalem Material-Transformismus.

Von Julia Weninger

Paris, die ewige Stadt der Liebe, hat sich im September einmal mehr in ein vibrierendes Labor für Design verwandelt. Zum 15. Jubiläum der Paris Design Week wurde die französische Metropole zur Bühne für die Zukunft des Gestaltens. Unter dem Leitmotiv „Regeneration“ öffneten 375 Orte – von ikonischen Galerien und traditionsreichen Designschulen bis hin zu versteckten Concept Stores – ihre Türen. Parallel dazu feierte auch die Maison & Objet vom 4. bis 8. September in Villepinte die Welt der dekorativen Accessoires, kuratiert von der französischen Designerin Amélie Pichard, die für ihre experimentellen Schuhe und Handtaschen bekannt ist. Doch während sich die Messe dem Markt widmet, entfaltete die Stadt selbst eine fast theatralische Energie: ein offenes Versprechen, dass Design im Jahr 2025 nicht nur Objekt, sondern Erlebnis ist.

Besonders eindrucksvoll inszenierte PLUM LIVING gemeinsam mit der Pariser Architektin Pauline Borgia, die für ihre sinnlich-architektonische Formsprache bekannt ist. Ihre erste gemeinsame Kollektion rückte monumentale Möbelgriffe ins Zentrum – Objekte mit Namen wie „Fragment“ oder „Pilule“, die weit über ihre bloße Funktion hinausweisen. Borgia, die ihr Studio nach ihrer Ausbildung an der École des Beaux-Arts gründete und von ihrer korsischen Herkunft geprägt ist, denkt Griffe als skulpturale Bezugspunkte. Begleitet von einer subtil abgestuften Farbpalette – Jaune Voilé, Vert Lavé und Ciment – sowie edlen Holzarten wie Natureiche, Honigeiche und Walnuss, wirken ihre Entwürfe wie stille, langlebige Begleiter. „Während Farben verblassen, bleibt der Griff“, sagt Borgia. „Er überdauert Generationen – als ein leiser, aber bedeutungsvoller Zeuge der Geschichte eines Ortes.“

© Pauline Borgia Studio

Ein weiteres Highlight zeigte dies der deutsche Teppichdesigner Jan Kath, der seine Arbeiten bei MiMa in der Rue du Faubourg Saint-Honoré präsentierte – einer der exklusivsten Adressen der Stadt, nur wenige Schritte vom Palais de l’Élysée entfernt. Kath, international bekannt für seine Mischung aus Tradition und Zeitgeist, stellte unter anderem den Teppich Saujbulag Waved vor, handgeknüpft aus tibetischer Hochlandwolle, indischer Seide und nepalesischer Brennnessel, gefertigt in den Werkstätten von Agra, Indien. Mit einer Knotendichte von 120 Knoten pro Quadratzoll und zertifiziert durch das Schweizer Label STEP, das für faire Arbeitsbedingungen steht, beweist Kath, wie sehr Luxus heute auch in ethischer Verantwortung wurzelt. Seine Entwürfe sind mehr als Bodenbeläge – sie sind textile Landschaften, in denen sich Jahrhunderte alten Handwerks mit einer fast minimalistischen Modernität verschränken.

© Jan Kath

Blick nach vorne

Doch auch Materialien, die lange im Schatten standen, feierten ihr Comeback. In der Galerie 78 Temple inszenierte die Kuratorin Pauline Carretta ein lebendiges Kaleidoskop, das textile und papierbasierte Kunst neu denkt. Papier-Skulpturen, Holzobjekte, gefärbte Erde und kunstvoll bestickte Textilien verbanden sich zu einer überraschend modernen Erzählung. Zu den ausstellenden Künstlerinnen gehörten unter anderem Rachel Altabas, Béatrice Bissara, Céline Camilleri, Anne Feat-Gaïss, Anouck Manzoni, Irina Rasquinet und Camille Vignaud. Gemeinsam eröffneten sie neue Perspektiven darauf, wie Wolle, einst Symbol für Tradition und Bodenständigkeit, zur Hauptdarstellerin einer zeitgenössischen, künstlerischen Renaissance werden kann.

© Pauline Carretta

Den wohl radikalsten Blick nach vorn wagte schließlich Harry Nuriev mit seiner neuen Galerie im 6. Arrondissement. Der Gründer von Crosby Studios präsentierte dort die Ausstellung „Transformism“, die den Kern des Jubiläumsmottos auf fast provokante Weise interpretiert. Alltägliche Materialien wurden aufgebrochen, neu zusammengesetzt und in skulpturale Räume überführt. Es war eine Inszenierung, die Disco-Energie, poetisches Recycling und kulturelle Reflexion verschmolz. Für Nuriev ist Regeneration keine leere Geste, sondern eine Haltung, die Design in seiner Fähigkeit begreift, Grenzen zwischen Kunst, Raum und Leben aufzulösen.

© Harry Nuriev

Clevere Alltagsinnovationen

Doch die Paris Design Week lebt nicht nur von den großen Inszenierungen, sondern auch von klugen Alltagsinnovationen, die das Leben zwischen Reisen, Wohnen und Arbeiten neu denken. Besonders spannend waren zwei Entdeckungen, die zeigten, wie sehr Design unsere Routinen transformieren kann:

Der norwegische Newcomer Drobe, gegründet 2023, stellte einen Koffer vor, der sich im Handumdrehen in einen Kleiderschrank verwandelt. Mit integrierter Hängestange, vertikalem Schiebesystem und makelloser Ästhetik setzt er neue Standards für mobile Eleganz. Anders als klassische Hartschalenkoffer mit Reißverschlüssen und Latches genügt hier ein einziger Knopfdruck, um das Gepäck mit einer Hand zu öffnen oder zu schließen – ein Reiseobjekt, das Funktionalität mit ikonischem Industriedesign verbindet.

© Drobe Luggage

Nicht weniger zukunftsweisend ist Hilo, die modulare Raumlösung der französischen Designerin Adeline Michelotti, die nach ihrem Studium in Évry bereits mit Ligne Roset, Roche Bobois, Montblanc, Diptyque und Nature & Découvertes zusammenarbeitete. Ihr Ansatz: Räume flexibel gestalten, ohne auch nur ein einziges Loch in die Wand bohren zu müssen. Das System basiert auf einer eloxierten Aluminiumstruktur, die sich mit einem Klick aufbauen lässt und sich an jede Raumsituation anpasst. Ein Konzept, das insbesondere Mieter:innen begeistert – und gleichzeitig zeigt, wie Wohnen im urbanen Kontext künftig aussehen kann: modular, respektvoll gegenüber der Substanz, und zugleich von eleganter Schlichtheit getragen.

© s2hcommunication

So wurde die Paris Design Week 2025 nicht nur zu einem Fest des Designs, sondern auch zu einer Chiffre für den Zeitgeist: Handwerk trifft auf Avantgarde, Nachhaltigkeit auf Sinnlichkeit, Vergangenheit auf radikale Zukunft.

Titelbild: © Hilo

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