
© Jiří Krejčiřík
Drei junge Designer:innen aus Tschechien, die man kennen sollte
Tschechien erweist sich zunehmend als kreative Heimat für einflussreiche Köpfe im Bereich Architektur und Design. Jiří Lukáš, Jiří Krejčiřík und Lucie Koldová verbinden handwerkliches Bewusstsein und kulturelle Tiefe.
In ihren Projekten greifen sie Wurzeln auf, denken Materialien neu und geben traditionellen Techniken einen frischen Impuls: Die Rede ist von Jiří Lukáš, Jiří Krejčiřík und Lucie Koldová.
Wer heute in der tschechischen Design- und Architekturszene genauer hinschaut, findet Köpfe, die sich nicht mit schnellen Trends zufriedengeben, sondern nachhaltig wirken wollen. Ob im Umbau einer Fabrik, in der Neuinterpretation von Jugendstilmöbeln oder in der poetischen Verbindung von Glas und Licht – diese drei Designer:innen stehen für eine Generation, die Herkunft und Gegenwart bewusst verknüpft und dabei ihre eigene Sprache entwickelt. Im Folgenden werden sie jeweils kurz vorgestellt.
Ort, Material & Zeit – eine Architektur mit Haltung
Wer Jiří Lukáš begegnet, merkt schnell: Hier arbeitet jemand, der sich nicht von Moden treiben lässt. Der junge Architekt aus Liberec denkt Architektur vom Ort aus – egal ob Stadt oder Landschaft – und sucht nach Lösungen, die klar, präzise und gleichzeitig überraschend zeitlos sind. Sein Büro schreibt selbst: „Věnujeme se vybraným architektonickým zadáním … respektujeme charakter místa und entwickeln Entwürfe mit einer Ästhetik, die der Zeit nicht unterliegt.“
In seinem Projekt „Sensu“ – ein asiatisches Café im Prager Viertel Žižkov – zeigt er, wie weit dieses Denken trägt: Zwischen Beton, Holz, Leinen und Edelstahl entsteht ein Raum, der die Intensität von Matcha-Tee genauso spürbar macht wie die Ruhe einer fernöstlichen Teestube – mitten im urbanen Trubel.
© Jiří Lukáš
Detail und Atmosphäre – Material mit Sinn
Was ihn von vielen Kollegen abhebt, ist sein unbedingter Wille zum Detail: Kein Übergang, keine Fuge, kein Möbelstück bleibt dem Zufall überlassen. In Projekten wie „Dům ve svahu“ auf der Šumava etwa spielt er mit dem Geländeverlauf, mit Holzverkleidungen und Naturstein, ohne dass das Ergebnis abstrakt wird – im Gegenteil: es wird greifbar als „Haus im Hang“, respektvoll gegenüber dem Ort.
Lukáš steht für eine Generation, die Kontext, Material und Atmosphäre mit derselben Ernsthaftigkeit betrachtet wie die großen Fragen von Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Genau diese Mischung macht neugierig auf mehr – denn hier entwickelt sich eine Handschrift, die das Potenzial hat, die tschechische Architekturszene nachhaltig zu prägen.
© Jiří Lukáš
Tradition neu denken – Möbel und Leuchten zwischen Kunst und Handwerk
Der Prager Designer Jiří Krejčiřík gehört zu einer jungen Generation, die das europäische Kulturerbe nicht wie ein Museumsstück bewahrt, sondern es durch eine zeitgenössische Linse neu interpretiert. Auf seiner Website heißt es: „My work is a dialogue — a continuous exchange between past and present. This is where long-forgotten artisanal techniques meet contemporary design elements.“
Seine Stücke entstehen in enger Zusammenarbeit mit tschechischen Handwerksbetrieben, in limitierter Auflage, und mit einer Präzision, die bis ins kleinste Detail reicht. Ein Beispiel ist die „Arnaud“-Bank, aus Fichte gefertigt, mit expressiver Farbgebung und verblüffender Form – Holz so inszeniert, dass es fast zu einer Skulptur wird.
© Jiří Krejčiřík
Zwischen Funktion und Skulptur – eine eigene Sprache
Ob die skulpturalen Möbelstücke der „Nouveau Collection“, die den Jugendstil neu interpretieren, oder der „Roots Altar“, der Erinnerungen und Artefakte wie in einem privaten Ritualraum inszeniert — Krejčiříks Arbeiten bewegen sich immer zwischen angewandter Kunst und freier Skulptur. Damit hat er sich schon einen Platz in führenden internationalen Galerien wie Rossana Orlandi Gallery in Mailand und Galerie Philia in New York erarbeitet.
Was Krejčiřík auszeichnet, ist die Freiheit, sich keiner Schublade zu fügen. Seine Designs sind zugleich verspielt und streng, poetisch und präzise, persönlich und doch universell. Genau darin liegt ihre Relevanz – im Mut, das Bekannte neu zu formulieren und Objekte mit bleibender Kraft zu schaffen.
© Jiří Krejčiřík
Glas als Poesie – das Spiel mit Material und Licht
Lucie Koldová ist eine tschechische Designerin mit Atelier in Prag – und mit einem besonderen Fokus auf Glas. Bereits 2010 wurde sie als „Entdeckung des Jahres“ beim Wettbewerb Czech Grand Designer ausgezeichnet und zwei Jahre später beim Wettbewerb Elle Décoration Talent für die beste Leuchte sowie als Designerin des Jahres geehrt.
Ihre Zusammenarbeit mit der Marke BROKIS begann 2010 und führte sie zur Position der Kunst- bzw. Design-Leiterin. Ihre Kollektionen wie „Muffins“ oder „Balloons“ greifen das handgeblasene Glas auf, kombinieren es mit Holz oder Metall und schaffen Objekte, die das Licht brechen, formen, reflektieren – und in jedem Fall Emotion erzeugen.
© Lucie Koldová
Materialität trifft Innovation – zwischen Galerie und Serienproduktion
Koldovás Arbeit reicht von Möbeln über Leuchten bis hin zu Glasskulpturen. Ihr Ansatz verbindet klassische Handwerkskunst mit modernen Technologien: „She uses classic craftsmanship and cutting-edge technologies with primary focus on the pure beauty of materials such as wood and glass.“
So entstehen Lichtobjekte, die sowohl den Wohnraum veredeln als auch im Galerie-Kontext bestehen. Ihre Stücke sind zugleich funktional wie poetisch – sie lassen Materialien sprechen und Räume neu erfahren. Damit positioniert sie sich als eine Designerin, die nicht nur visuell beeindruckt, sondern auch handwerklich überzeugt.
© Lucie Koldová
Titelbilder: © Jiří Krejčiřík; © Jiří Lukáš



