Sie gelten als Königsklasse des Möbeldesigns: Stühle, Sessel, Fauteuils.
Der Designer Marco Dessi, der im Herbst in Mailand mit seinem Sessel Optimist (D70) für das deutsche Unternehmen Tecta vertreten war, erklärt: „Es ist eine komplexe Aufgabe, da es konstruktive und statische sowie ergonomische Herausforderungen zu lösen gibt.“ Ein Trapez als Rückenlehne, das Dreieck der Vorderbeine und ein ungewöhnliches Oval als Sitzfläche – Dessis Entwurf feiert die Geometrie und stellt eine Art Mini-Koje dar, in der man auf ganz verschiedene Arten sitzen kann: „Wie ein Sessel mit einem kleinen Segel.“ Der Name Optimist bezieht sich auch auf eine kleine Segelboot-Gattung. Eine schöne Geschichte – und genau dieses Storytelling wird auch im Möbeldesign immer häufiger. Anekdoten geben Produkten Substanz, man hofft, dass die Strahlkraft von Gestalter und Designstück den eigenen Alltag erhellt. „Ich mag gute Geschichten“, sagt der Südtiroler mit Atelier in Wien. „Es braucht nicht immer eine, aber es kann helfen, den Kontext einer Idee zu vermitteln.“
Natürlich geht es im Endeffekt aber um die eigene Geschichte als Käufer und Eigentümer, und die muss sich oft erst entwickeln. „Möbel können viel mehr als nur uns dienen. Manche muss man kennenlernen, man muss sich damit beschäftigen und erst den richtigen Platz finden, damit sie ihr volles Potenzial entfalten können.“ Gerade Sessel sind prädestinierte Akzente-Setzer. Der A Typical Chair aus der Capsule Collection der Gebrüder Thonet Vienna (GTV) ist so ein Showstopper, der durch konstruktive Eleganz punktet. Dunkles Bugholz trifft goldenes Metall, Kaffeehaus trifft Nachtclub. Aus der Kategorie „Playful Design“ stammt dagegen das Modell Walky, ein Holzstuhl mit Füßen. Richtig gelesen, Füßen. Design VA (USA und Mexiko) haben eine Version des Bistrostuhles kreiert. Inspiration waren die vorbeiflanierenden Passanten, die man vom Bistro aus studieren kann – deswegen bekam das gute Stück Patschen verpasst.
Wieder so eine charmante Story, bei der man unweigerlich lächeln muss. „Genau das wollen wir“, freut sich Designer Armando Mora Medina. „Unsere Produkte sollen das Kind im Erwachsenen ansprechen.“ Playful Design fällt in die Kategorie „Special Interest“. Das Gros der Sessel und Fauteuils ist dagegen auffallend gut gepolstert. Dieser Trend hat sich im letzten Jahr aufgebaut, und er hat noch nicht seinen Höhepunkt erreicht, wie Dessi beobachtet. Fast jeder Hersteller versuche seine Version davon „im Portfolio zu haben“. Gefahr, sich schockzuverlieben, besteht etwa bei der Outdoor-Variante des 1970er-Sessels von Marco Marenco für Arflex. Der Grund für den Softies-Hype laut Dessi: „Das Angebot an wunderbaren Stoffen nimmt zu, ein gepolstertes Möbel verbessert die Akustik im Raum, die Stoffe dekorieren und setzen Akzente und: das Konzept vom Fine Dining ist auch zu Hause angekommen.“ Gefragt nach seinem Highlight entscheidet er sich allerdings für ein eher dezentes Sitzmöbel, das man im ersten Moment übersehen könnte: den AKA von Magis, „quasi ein Holz-Hocker mit Lehne“, wie es Dessi unprätentiös beschreibt. Randnotiz: Farbig lackiertes Holz – wie beim AKA – ist definitiv ein Thema, gerne auch hochglänzend. Aber: alles nichts gegen Stein. Ohne Frage das unangefochtene Trendmaterial der Designwelt in diesem Jahr.