Er gehört zu Mailand wie der Dom oder die Scala: Giorgio Armani. Der Designer hat ausdem Nichts ein milliardenschweres Imperium geschaffen. Und auch heute noch ist der Modeschöpfer ein Visionär: Armani war der Erste seiner Branche, der heuer während der Mailänder Modewoche auf Corona reagierte. Und noch während der Quarantäne wagte Armani einen Schritt nach vorn und sprach die Notwendigkeit eines strukturellen Wandels innerhalb der Modeindustrie an, die Art und Weise, wie Mode gemacht wird, zu überdenken und neu anzufangen. Doch woher nimmt der 85-Jährige nur seine Kraft? Wo kann er sich entspannen?
Für die Antwort schwenken wir unseren Blick von Mailand auf die italienische Insel namens Pantelleria südwestlich vor der tunesischen Küste. Die raue, windgepeitschte Landschaft mit ihren zerklüfteten Lavafelsen ist voller antiker Ruinen und historischer Steinhäuser, die als Dammuso bekannt sind. Man hat das Gefühl, irgendwo im fernen Afrika verloren zu sein, anstatt auf einer der einzigartigsten italienischen Inseln. Armani besuchte die Felseninsel erstmals vor mehr als 40 Jahren. „Ob Sie es glauben oder nicht, es hat mir hier anfangs nicht gefallen“, gibt er zu. „Ich hatte erwartet, dass es exotischer sein würde, nicht so hart. Es gab keine schönen Hotels, keine Restaurants, kein Leben. Die größte Aufregung des Tages war, wenn ein Auto auf der Straße vorbeifuhr.“ Nach ein paar Tagen jedoch spürte der Modeschöpfer eine Veränderung, als er sich in eine Stille begab, in der er, vielleicht unerwartet, eine gewisse Schönheit fand. „Ich blickte plötzlich in diesen klaren Himmel hinauf, und alles war einfach so still und ruhig. Eine reine Stille“, erinnert er sich. Das hat alles verändert.
Zu Armanis Anwesen gehören heute sieben separate Dammusi, die alle im traditionellen Armani-Stil eingerichtet sind. Die zwei Fuß dicken Steinmauern wurden aus Vulkangestein errichtet, und die weißen Kuppeldächer bilden eine natürliche Isolierung gegen die Elemente. Armani gestaltete persönlich den ihn umgebenden Oasengarten mit Tiaré-Bäumen, prächtigen Rosensträuchern, Jasminhecken, seltenen Zypressen und 300 Jahre alten Palmen, die aus Sizilien importiert wurden. Bei diesem Projekt arbeitete der Modedesigner mit der berühmten Architektin Gabriella Giuntoli zusammen, einer langjährigen Bewohnerin der Insel, der es gelang, etwas Natürliches und Elegantes zu schaffen und gleichzeitig den Sinn der Gegend zu bewahren. Der riesige Swimmingpool scheint in der Ferne zu verblassen, als wäre er von einem Sandstrand mit dramatischer Wirkung umgeben.
„Mein Haus auf Pantelleria spiegelt meine Vision und meine persönliche Stilästhetik perfekt wider. Das ist wie bei der Kleidung. Man muss sich in seinem eigenen Zuhause wohl, entspannt und verwöhnt fühlen. Ich liebe alles, was seine Grundlage in der Natur hat, ob es nun um Material, Farbe oder Form geht. Ich habe jetzt mehrere Häuser auf der ganzen Welt. Sie sind alle sehr unterschiedlich, aber der gemeinsame Nenner ist, dass sie alle meine Persönlichkeit und die umgebenden Naturlandschaften widerspiegeln“, erklärt Armani, um gleich weiter von Pantelleria zu schwärmen: „Wenn ich dort bin, lebe ich im Freien. Es ist der einzige Ort, an dem ich wirklich das Gefühl habe, dass ich abschalten und dem Stress des Alltags entfliehen kann. Früher kam ich nur im Sommer her, aber seit Kurzem fahre ich an langen Wochenenden im Herbst und Frühjahr auf die Insel. Es ist so nah an Tunesien, dass das Wetter immer warm und einladend ist. Meine Schwester sagt, es sei der einzige Ort, der mein Gesicht verändert. Das liegt daran, dass ich wirklich entspannt bin; der Stress verschwindet …“