
Design-DNA aus Österreich: Ikonen, die die Welt prägen
Vom Kaffeehaussessel bis zur Raumkapsel fürs Wohnzimmer: Österreichisches Design hat Geschichte geschrieben – und zwar mit radikaler Klarheit, revolutionärem Denken und einer Portion Wiener Raffinesse. Vier Entwürfe, die jeder kennen sollte.
In der internationalen Designgeschichte gibt es Orte, die man eher mit Avantgarde assoziiert als ausgerechnet Wien. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Österreich war nicht nur frühe Brutstätte modernistischer Gestaltung, sondern hat einige der einflussreichsten Objekte des 20. Jahrhunderts hervorgebracht. Funktionalität trifft auf radikale Form – und bleibt bis heute überraschend aktuell. Ein Streifzug durch ikonisches Design „Made in Austria“.
Thonet Nr. 14 – der Stuhl, der die Welt eroberte
Man kann ihn kaum übersehen – in Cafés von Paris bis Tokio, in Vintage-Interieurs ebenso wie in minimalistisch durchinszenierten Wohnungen: Der Wiener Kaffeehausstuhl, Modell Nr. 14 von Thonet, war das erste Möbelstück, das industriell gefertigt, flach verpackt und global vertrieben wurde. IKEA avant la lettre. Und der B9 – später „Le Corbusier-Stuhl“ genannt – war sogar so modern, dass das Bauhaus ihn zur Referenz machte. Der Beweis: Serienproduktion und Designanspruch schließen einander nicht aus, sondern multiplizieren ihre Wirkung.
© Thonet
Margarete Schütte-Lihotzky – die Küche als Maschine zum Wohnen
Bevor es Smart Living gab, gab es sie: Margarete Schütte-Lihotzky. Ihre Frankfurter Küche war nicht nur ein Meilenstein des Funktionalismus, sondern eine emanzipatorische Designgeste. Auf nur 6,5 Quadratmetern schuf sie eine durchdachte Arbeitswelt, ergonomisch geplant, effizient bis ins Detail. Heute würde man sagen: radikal kompakt, erstaunlich smart – und ein Blueprint für jede moderne Einbauküche.
© Margarete Schütte-Lihotzky Zentrum
Die Sitzmaschine von Josef Hoffmann – ein Thron für das 20. Jahrhundert
Er nannte es nüchtern Sessel Nr. 670, doch die Designwelt kennt es als „Sitzmaschine“ – ein Stück, das wie kaum ein anderes die Ästhetik der Wiener Werkstätte auf den Punkt bringt: expressiv, technisch, kompromisslos modern. Die verstellbare Rückenlehne, das kantige Bugholz, die skulpturale Präsenz – Hoffmanns Sessel ist kein Möbel, sondern eine Haltung. Und auch sein Besteck „No. 135“ verkörpert dieselbe Philosophie: radikale Funktion, klare Linie, kein Ornament zu viel. Beides: Ikonen einer Design-Revolution, die auf dem Silbertablett serviert wurde.
© Vitra Design Museum
Carl Auböck – das Objekt als Skulptur
Was haben Walter Gropius, das MoMA und stilbewusste Sammler:innen auf der ganzen Welt gemeinsam? Ein Faible für die Objekte der Werkstätte Carl Auböck. Besonders berühmt: der Briefbeschwerer in Ei-Form, entworfen 1947, gefertigt in patinierter Bronze oder Messing. Jedes Stück: handgemacht, charmant absurd und gleichzeitig funktional. Ein Hauch Surrealismus trifft auf Wiener Schmiedekunst – und macht aus Alltagsobjekten kleine Statements, die heute nicht nur in Designmuseen, sondern auch auf perfekt kuratierten Sideboards landen.
© Carl Auböck
Titelbild: © Thonet