Der Baustoff Beton hat schon in der Antike den Göttern ein Dach über dem Kopf geboten und ist bis heute das perfekte Material für architektonische Meisterwerke.
Trotzdem hat der Baustoff immer wieder mit Imageproblemen zu kämpfen, wie auch Reinhold Lindner, promovierter Bauingenieur und Sachverständiger weiß. „Es ist schon interessant, wie negativ dieser oft konnotiert ist, wie man als Betonierer beschimpft wird – dabei ist Beton der regionalste Baustoff, den es gibt“, erklärt er. Studien zufolge spiele sich in ganz Österreich die Rohstoffgewinnung, Aufbereitung und Verarbeitung in einem Radius von 100 Kilometern ab, so der Experte weiter. „Dagegen weiß kaum jemand, dass Österreich nach China weltweit der zweitgrößte Holzimporteur ist“, zieht er einen Vergleich zu dem aktuell oft so hochgelobten Baustoff Holz.
Recyclen, Heizen, Kühlen
Dabei ist auch Beton vollständig recycelbar, wie Lindner unterstreicht: „Der reine Beton kann zu 100 Prozent wieder in Steine zurückgeführt und beispielsweise als Unterbaumaterial im Straßenbau verwendet werden.“ Und auch bei einem anderen großen Thema in Sachen Nachhaltigkeit punktet der langlebige Baustoff immer öfter: dem Heizen und Kühlen. „Die sommerliche Überhitzung wird immer mehr zu einem Problem, und in ungekühlten Gebäuden schwitzt man heute extrem“, kennt Lindner die Herausforderungen. Denen in Betongebäuden mit der Bauteilaktivierung eine energiesparende Variante zu klassischen Klimaanlagen entgegengesetzt wird, da die Speichermasse massiver Bauteile zur Kühlung und zum Heizen verwendet werden kann. So können diese tagsüber „aufgeladen“, also aktiviert, und am Abend oder in der Nacht zur Gebäudetemperierung genutzt werden. „Dafür baut man in die Decken Heizschlangen ein, die im Winter heizen und im Sommer über Strahlungswärme kühlen“, erklärt Lindner die Technik, mit der diese neuen Anwendungen ermöglicht werden. Und die Forschung bringt ständig neue Möglichkeiten auf den Markt: „Beispielsweise lassen sich mit speziellen UHPC-Beton beliebige Formen gießen“, so der Experte. Wofür nur ganz wenig Stahl benötigt wird, um extrem leistungsfähig zu sein und höchste statische Anforderungen zu erfüllen. Außerdem haben neue Forschungen Wege gefunden, ultraschlanke Betondecken herzustellen.
Bei allen Vorteilen das Materials plädiert aber auch Lindner dafür, jeden Baustoff dort einzusetzen, wo er technisch optimal ist: „Bei einer kleinen Fahrradbrücke über den Bach oder einem Blockhaus in Vorarlberg ist sicherlich Holz ein gutes, passendes Material“, unterstreicht er. Wohingegen wohl kaum jemand eine Autobahnbrücke oder Tiefgarage ohne Beton bauen würde.