In vielen Haushalten gibt es diesen einen Raum, der für alles herhalten muss: Gästezimmer, Arbeitsraum, Home Gym und mehr. Wie man ihn richtig umsetzt, erklären ein Wohnpsychologe und ein Interior-Planer.
Es braucht einen Raum, in dem man arbeiten kann. Wo auch einmal Gäste übernachten können. Wo man die Unmengen an Zeug unterbringt, die sich in einem Haushalt so ansammeln, von Bügelbrett über Yogamatte bis zum Fahrradhelm. Wo man den Wäscheständer aufstellen kann. Leider ist die Zehn- bis Zwölf-Zimmer-Wohnung eher eine Seltenheit. Insbesondere in der Stadt gibt es meist – neben Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmer – dann noch diesen einen Raum, der für alles oben Beschriebene herhalten muss. Nachdem es aber ebenso wenig wie das sprichwörtliche Fabelwesen einen „eierlegenden Wollmilchraum“ gibt, muss man sich gut überlegen, wie man die Planung eines solchen multifunktionalen Raumes angeht.
Weniger ist mehr
„Nicht übertreiben“, ist der Rat von Alfred Maierhofer, Geschäftsführer von Wohndesign Maierhofer: „Oft reden dann alle Familienmitglieder mit, jeder möchte den Raum für sich und seine Bedürfnisse beanspruchen – und am Schluss wird es eine Rumpelkammer.“ Insofern sollte man sich auf die Nutzungen beschränken, die wirklich nirgendwo anders möglich sind. Oft sind das wohl Gästezimmer und Homeoffice – leider die denkbar schlechteste mögliche Kombination, wie Wohnpsychologe Herbert Reichl, Vorstand und Gründer des Institutes für Wohn- und Architekturpsychologie, erklärt: „Unser Körper und unser Gehirn funktionieren nach dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem – also entweder Aktivität oder Entspannung. Beides gleichzeitig schließt sich eigentlich aus. Arbeiten und Schlafen sind als Nutzungen diametral entgegengesetzt, passen also für unser Gehirn eigentlich überhaupt nicht zusammen.“ So es der Raum in der Größe zulässt, sollte man ihn im Idealfall also teilen. „Wir arbeiten in solchen Fällen gerne mit Raumteilern“, so Maierhofer, „meist Gleitschiebetürsysteme, die auch eine gewisse Schalldichtheit mit sich bringen. Diese können auch tapeziert oder verspiegelt sein.“
Möbel, so flexibel wie die Nutzer
Auch das Mobiliar sollte entsprechend flexibel sein, erklärt Maierhofer: „Von der Firma Moll beispielsweise gibt es sehr flexible Schreibtischsysteme, die höhenverstellbar sind, sodass sie Couchtisch, Schreibtisch, Esstisch und Stehtisch gleichzeitig sein können.“ Auch Rollen sind ein gutes Accessoire – falls man beispielsweise einmal Platz für die Yogamatte braucht, kann man den Tisch unkompliziert aus dem Weg schaffen.
Die Facetten des Lichts
Beim Licht bringt Maierhofer intelligente Schienensysteme ins Spiel: „Hier gibt es Systeme, bei denen Spots direkt angesteuert werden können“ Gezielte Steuerung der Lichtzonen, -farbe und -intensität sind möglich. Und das ist gut so – auch für die Psyche, erklärt Reichl: „Wir unterscheiden Lichtstärke, die in Lux gemessen wird, und Lichtfarbe, also Kelvin. Damit ich konzentriert arbeiten kann, ist eine Lichtstärke von mindestens 500 Lux Helligkeit auf der Arbeitsfläche das Minimum. Zum Schlafen ist das viel zu viel.“ Ist das Licht dunkler, „dann können wir abtauchen, uns auf uns selbst konzentrieren und abschalten“. Etwas, das man übrigens auch für die Arbeit nutzen kann: „Wer kreativ arbeiten will, sollte das auch eher bei gedimmtem Licht tun“, so Reichl, „Ideen kommen bei dunklerem und wärmerem Licht.“ Denn auch die Lichtfarbe macht einen Unterschied: „Tageslicht hat um die 5.000 Kelvin, eine Kerzenflamme etwa 1.500. Ersteres ist gut für ein Büro, zweiteres eher zum Einschlafen.“
„Ein guter Schlafraum braucht eine Gestaltung, die zum Abschalten einlädt“, erklärt Reichl. Farblich rät er zu einem warmen Grün, „denn da ist ein Gelbanteil dabei, der uns Geborgenheit vermittelt.“ Akzente kann man in einem Schlafumfeld beispielsweise mit warmem Orange setzen, im Arbeitsbereich darf ein leuchtendes Rot unsere Aufmerksamkeit wecken. Nicht nur die Farbe Grün, sondern auch die grüne Natur tut unserem Gehirn gut – deshalb sollte man immer ein bisschen davon im Blickfeld haben. Gerade im urbanen Raum ist der Blick in die Natur oft keine Option – glücklicherweise ist unser Gehirn auch mit Landschaftsbildern, Zimmerpflanzen, Balkonkistchen und Ähnlichem zufrieden: „Gut ist alles, was die Natur uns bietet – das können auch Holzoberflächen sein.“