Der Name Arthur Arbesser, Österreichs bedeutendster „Modeexport“, taucht in jüngster Zeit immer öfters in Zusammenhang mit hochwertigem Möbeldesign auf. Inspiriert von der Wiener Moderne sowie seiner Heimatstadt Wien steht seine Mode für farbenfrohe, meist geometrische und grafische Designs, welche mittlerweile auch Stoffe, Teppiche, Tischwäsche sowie das eine oder andere Möbelstück zieren. Design DE LUXE traf den in Mailand lebenden Designer zum persönlichen Gespräch über das derzeitige Dilemma der Modebranche sowie die Chancen im Möbeldesign.
Du bist heute für viele der wichtigste österreichische Designer mit internationaler Anerkennung. Dennoch habe ich den Eindruck, dass der große Durchbruch in Österreich erst durch das zweimalige Einkleiden des Wiener Staatsopernballets fürs Neujahrskonzert gelungen ist.
Dadurch, dass ich schon so lange in Mailand lebe und zweimal im Jahr während der Modewoche dort meine eigene Kollektion präsentiere, bin ich schon länger am Radar der internationalen Presse. Aber auch einige heimische Journalist:Innen haben meinen Weg von Anfang an sehr tatkräftig unterstützt. Es ist trotzdem oft der Fall, dass man zuerst im Ausland Aufmerksamkeit bekommen muss, um zu Hause anerkannt zu werden. Nichtsdestotrotz stand es in meiner Arbeit nie an erster Stelle, möglichst bekannt zu werden. Ich konzentriere mich lieber auf das Kreative.
2018 durftest du für den Wien Tourismus anlässlich seines Jubiläumsjahres „100 Jahre Wiener Moderne“ eine Fashion Capsule Collection mit Designs der Wiener Werkstätte entwerfen. Was hat dich zu dieser Kollektion inspiriert?
1918 waren turbulente Zeiten, in denen aber künstlerisch in Wien unglaublich viel entstanden ist und gleichzeitig war es auch das Todesjahr vier sehr wichtiger Vertreter der Wiener Moderne: Gustav Klimt, Egon Schiele, Otto Wagner und Koloman Moser. Gewollt oder ungewollt fließt diese Periode irgendwie immer in meine Arbeit mit ein. Ich hatte für die Jubiläumskollektion die Gelegenheit, mit dem Traditionsunternehmen Backhausen zusammenzuarbeiten, in ihren Archiven zu stöbern und dabei ein Muster von Kolo Moser zu finden, welches wir neu koloriert und erstmalig in einem Wolle-Seide-Gemisch für Kleider produziert haben. Ich war schon immer ein besondere Fan von Moser – ein echter Universalkünstler.
Wer dich näher kennt, weiß von deiner großen Leidenschaft für Archive, geometrische und graphische Formen, deine Wertschätzung der Wiener Moderne sowie Josef Hoffmanns.…
Ja, das Werk von Hoffmann oder eben Moser wird mich immer ansprechen – seien es die Möbel oder (Gebrauchs)Gegenstände – vom Fauteuil bis zur Obstschale. Aber genauso auch der Designer und Architekt Josef Frank. Aufgewachsen im 13. Bezirk bin ich als Kind regelmäßig mit dem Fahrrad an der von ihm erbauten Villa Beer vorbeigefahren, um sie durch den Gartenzaun zu bewundern. Ich gehe gerne auf Dinge zu, die mich entzücken und für meine kreative Arbeit inspirieren. Zudem finde ich Archive irrsinnig spannend. Egal ob das Archiv eines Künstler oder eines Unternehmens, es zeigt immer eine Entwicklung auf. Auch die Tätigkeit „des Archivierens“ – das Wertschätzen und logisch Ordnen von Historischem – beeindruckt mich sehr.
Was ist für dich persönlich das typisch Wienerische in deiner Mode? Woher kommen die ausdrucksstarken Farben?
Das Wienerische ist für mich ein etwas melancholischer Umgang mit der Vergangenheit einerseits. Andererseits liebe ich die geometrischen Muster wie die schwarz-weißen Fliesen in alten Wiener Stiegenhäusern. Diesen eher strengen Dingen setze ich dann meine Farbenvielfalt gegenüber. Mich über Grafiken in starken Farben auszudrücken – ich male und zeichne übrigens sehr gerne – ist meine liebste Art zu kommunizieren. Giorgio Armani, in dessen Designteam ich nach meinem Modestudium gearbeitet habe, verwendet kaum Drucke und sehr viel Grau und Beige. Vielleicht hat auch das mich zu meiner Passion fürs Bunte gebracht, da ich nach 7 Jahren dort etwas nach Farbe ausgehungert war.
Woher nimmst du darüber hinaus Ideen und Inspirationen für deine Entwürfe?
Oft fahre ich mit meinem Team einfach raus aus der Stadt Mailand, um „neue“ Orte mit ihren Museen und Ausstellungen zu entdecken. Ich bin der Welt gegenüber ein sehr positiv eingestellter Mensch, auch wenn es nicht immer leicht ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und schöne Dinge überall zu erkennen und in sich aufzunehmen. Auf Reisen habe ich die etwas stressige Angewohnheit, sehr viel Programm in einen Tag hineinzupacken. Aber dadurch bleiben für mich immer viele Eindrücke und Ideen hängen. Auch höre ich begeistert den Geschichten anderer Menschen zu.
In vorangegangenen Interviews hast du gemeint „Die Modebranche stecke derzeit in einem Dilemma“ respektive „hätte sich selbst entzaubert“. Was konkret meinst du damit?
Die Modewelt steckt in der Tat in einem Dilemma, weil ihre CEOs den Profit des Unternehmens als einziges Business Model sehen. Die Masse an produzierter Kleidung hat für mich an Individualität verloren. Wir sind „product-driven“, nicht „creativity-driven“. Viele Designs könnten von derselben Marke sein. Daher schätze ich es sehr, ein kleiner Unternehmer mit grosser Freiheit zu sein, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, Risiken einzugehen und mit Mode auch Geschichten zu erzählen.
Ist dies in der Möbelindustrie anders? Auch diese steckt im Moment nach den Boomjahren in einer großen Krise.
Ich komme zu sehr aus der Mode, als das beurteilen zu können. Vom Ruf her steht „das Wohnen“ und „das sich Einrichten“ auf jeden Fall besser da als die Fashion-Industrie. Dennoch muß die Branche aufpassen. Auch hier wirken zu viele Möbel zu ähnlich. Auf den ersten Blick erscheinen manche neue Designs sehr schön, aber auf den zweiten Blick erkennt man schnell ihre fehlende Konstanz. Marken sollten sich mehr auf ihre individuellen Stärken konzentrieren, wie wir es etwa bei den Wittmann Möbelwerkstätten tun. Wittmann ist weit mehr als nur „Jetzt“. Es ist facettenreiche Vergangenheit und spannende Zukunft.
Dein Name poppt immer wieder in Zusammenhang mit Interior Design auf. Auch hast du bereits eigene kleine Möbelstücke entworfen, einige deiner Prints finden sich auch auf farbenfroher Tischwäsche. Entdecken wir hier eine neue Passion?
Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Interior Design und großes Interesse am Thema Wohnen. Wie sich jemand einrichtet, sagt sehr viel über den Menschen aus. Freunde lieben meine Drucke, zudem decke ich gerne einen Tisch und arbeite mit Oberflächen. Daraus ist sowohl eine Kollektion an Tischwäsche mit bunten Grafiken sowie eine bedruckte Laminatkollektion entstanden. Schließlich auch ein kleiner Stuhl mit bedruckter Laminatoberfläche. Für mich ist das eine sehr positive, befreiende kreative Entwicklung auf verschiedenen Ebenen zu arbeiten.
Welche Synergien siehst du zwischen Mode- und Möbeldesign?
Es geht da für mich bei beiden um eine gelungene Mischung aus Idee, Ästhetik und qualitätsvoller Umsetzung. Aber während das Kleid in Bewegung und an verschiedenen Menschen funktionieren muss, sollte das Möbel in völlig unterschiedlichen Umfeldern bestehen können und beispielsweise auch ein schlau durchdachtes Innenleben haben, was den Sitzkomfort garantiert.
Copyrights © Arthur Arbesser, Max Mara Weekend und Wittmann Möbelwerkstätten
Das gesamte Interview mit Arthur Arbesser finden Sie zum Nachlesen in der neuen Printausgabe des Design DE LUXE Magazins Nr.13!