Ihr Zuhause ist kein fester Ort, sondern ein Zustand – funktional, wandelbar, temporär. Für sie zu bauen heißt, Möglichkeitsräume zu entwerfen statt Immobilien. Inmitten eines gesellschaftlichen Umbruchs steht die Designwelt vor einer neuen, anspruchsvollen Aufgabe.
Die Urban Nomads sind keine Ausnahmeerscheinung mehr – sie sind die Vorboten einer zunehmend mobilen Gesellschaft. Zwischen digitalem Arbeiten, globalem Denken und neuen Lebensrhythmen verändern sie das Verständnis von Wohnen grundlegend. Ihr Bedarf: temporäre, flexibel skalierbare, gestalterisch anspruchsvolle Räume, die sich ihrem Lebensstil anpassen – nicht umgekehrt.

Von der Immobilie zur temporären Infrastruktur
Für Architekt:innen wie Immobilienentwickler:innen stellt sich damit eine zentrale Frage: Wie plant man Räume für Menschen, die sich bewusst nicht festlegen – räumlich, zeitlich, vertraglich? Klassische Immobilienstrukturen mit langen Nutzungszyklen, starren Grundrissen und monofunktionalen Konzepten geraten hier an ihre Grenzen.
Gefragt ist ein Denken in Systemen, nicht in Gebäuden. Modulare, temporär nutzbare Architektur bietet hier einen relevanten Lösungsansatz. Sie erlaubt eine schnelle Realisierung, flexible Skalierung und – entscheidend für Investoren – eine differenzierte Nachnutzung. Projekte wie Cabin Spacey in Berlin oder das Urban Nomad Village in Seoul demonstrieren, wie mobile Wohnmodule auf existierende urbane Infrastrukturen aufsetzen – etwa ungenutzte Flachdächer oder brachliegende Zwischenflächen – und dabei hochwertigen, sofort nutzbaren Wohnraum schaffen.
Wertschöpfung durch Wandelbarkeit
Für Immobilienmanager:innen ergibt sich daraus ein neues Verständnis von Flächennutzung. Temporäres Wohnen ist kein Nischenprodukt mehr, sondern ein strategischer Baustein für urbane Verdichtung, aktivierte Leerstände und dynamische Quartiersentwicklung. Die Herausforderung liegt nicht nur in der baulichen Umsetzung, sondern in der Verzahnung von Genehmigungsprozessen, Vermietungsmodellen und digitalen Zugangssystemen.

Anbieter wie Habyt oder Unyoked entwickeln skalierbare Wohnmodelle mit hoher Aufenthaltsqualität, modularer Technik und datenbasierter Auslastungsoptimierung – analog zu Hospitality-Standards, aber mit dem Anspruch urbaner Nachhaltigkeit. Für Investoren entsteht damit ein hybrides Produkt zwischen Wohneinheit und Dienstleistung, das auf temporäre Nachfrage ebenso reagieren kann wie auf strukturellen Wandel im Bestand.
Architektonische Typologien neu denken
Für Planer:innen bedeutet das: neue Grundrisse, neue Zeitlichkeiten, neue Schnittstellen. Architektur für Urban Nomads ist keine Low-Budget-Lösung – sie setzt hochwertige Materialien, durchdachte Raumnutzung und präzise Schnittstellen voraus. Das klassische Verhältnis von privat, halböffentlich und öffentlich verschiebt sich dabei ebenso wie die Grenzen zwischen Wohnen, Arbeiten und Aufenthalt.

Design wird zum funktionalen Ordnungsprinzip. Reduktion ist kein Verzicht, sondern Ausdruck von Effizienz. Die Herausforderung liegt darin, Räume zu entwerfen, die in kürzester Zeit einsatzbereit sind – aber dennoch Identität, Geborgenheit und Nutzungsqualität erzeugen.
Temporär ist das neue dauerhaft
Der Wohnraum der Zukunft muss fluide sein – nicht, weil es im Trend liegt, sondern weil sich soziale und wirtschaftliche Lebensrealitäten schneller verändern als je zuvor. Wer heute für 30 Jahre baut, muss für 30 Lebensmodelle denken. Temporäre Architektur und mobile Wohnkonzepte sind keine Übergangslösungen, sondern zentrale Antworten auf den Druck urbaner Transformation.

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