Library Stool 42: Keine überflüssigen Details, nur pure Funktion und Form

Kaum ein Möbelstück verkörpert dieses Prinzip so radikal wie der Hocker von Donald Judd.

Donald Judd (1928–1994) war einer der führenden Köpfe der Minimal Art. Ursprünglich als Maler ausgebildet, wandte er sich in den 1960er Jahren der Skulptur zu und entwickelte eine neue, radikal reduzierte Formensprache. Er lehnte symbolische Bedeutungen und subjektive Ausdrucksformen ab – Kunst sollte nichts darstellen, sondern einfach nur existieren. Seine Werke bestanden aus klaren geometrischen Formen, oft aus industriellen Materialien wie Stahl, Aluminium oder Plexiglas gefertigt.

Doch Judds Interesse an Form und Raum ging schnell über die Kunst hinaus. Er erkannte, dass Architektur und Design ebenso präzise gestaltet sein sollten wie seine Skulpturen. In den 1980er Jahren begann er daher, Möbel zu entwerfen – nicht als Nebenschauplatz, sondern als bewusste Erweiterung seiner Kunst. Er wollte funktionale Objekte schaffen, die denselben strengen Prinzipien folgten wie seine Skulpturen: „Klare Geometrie, sichtbare Konstruktion, absolute Reduktion“, so Judd

Der Library Stool 42

Eines seiner bekanntesten Möbelstücke ist der Library Stool 42, ein Hocker, der auf den ersten Blick kaum als Designobjekt auffällt. Er besteht aus fünf rechteckigen Holzplatten, präzise zu einer skulpturalen Form zusammengefügt. Keine Schrauben oder Nägel sind sichtbar, keine Rundungen oder Verzierungen stören die Klarheit der Form. Er ist nichts weiter als das, was er sein muss: ein Sitzmöbel, sagte Judd einst.

Doch gerade in dieser kompromisslosen Reduktion liegt seine Kraft, denn Judd sah Möbel nicht als dekorative Objekte, sondern als integralen Bestandteil eines Raumes. „Der Library Stool 42 ist funktional, aber nicht unterwürfig. Er nimmt Raum ein, ohne sich aufzudrängen. Er ist Kunst und Gebrauchsgegenstand zugleich“, so Judd.

Keine Kompromisse


Der Library Stool 42 ist für viele Experten ein Paradebeispiel für den radikalsten Minimalismus: keine Spielerei, keine Ablenkung, nur Material und Form. Judds Ansatz unterscheidet sich von anderen minimalistischen Designströmungen, weil er sich nicht an Komfort oder Wohnlichkeit orientiert, sondern an einer fast schon mathematischen Klarheit. Sie fordern den Nutzer heraus, sich mit der Umgebung auseinanderzusetzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Bis heute beeinflussen Judds Möbelentwürfe Designer und Architekten weltweit.

(c) Judd Foundation