Das neue Weinlokal am Meidlinger Markt verknüpft Weingenuss mit Architektur- und Designanspruch.
Weinliebhaber wissen: Es gibt kaum eine andere menschliche kulinarische Erfindung, die so facettenreich ist wie der Wein. So viele Geschmäcker, Aromen und Spielarten davon haben sich über die Jahrtausende unserer Kultur herausgebildet. Hier fließen die Voraussetzungen der Natur, wie Boden oder Klima, zusammen mit dem Handwerk des Weinbauern. In diesem Sinne verbindet das Winzerhandwerk so einiges mit dem des Architekten – da wie dort wird einer Idee Gestalt gegeben. Beides ist Ausdruck von Kultur, von Geschmack und Ästhetik. Nicht umsonst legen immer mehr Winzer großen Wert auf die Architektur ihrer Weingüter – sei es der historische Vierkanthof, mit dem man die eigene Geschichte illustriert, oder auch der moderne Komplex, in dem sich aber oftmals die klassische Architektur früherer Weingüter spiegelt.
Atmosphäre schaffen
Auch in der Gastronomie wird zunehmend Wert darauf gelegt, das kulinarische Angebot mit dem Interieur zu verknüpfen. Zu den Wiener Beispielen zählen hier etwa die Bar Campari, mit der der Mailänder Architekt Matteo Thun das mediterrane Flair italienischer Straßencafés modern interpretiert, oder die Bäckerei Öfferl in der Wollzeile, wo ein sorgfältig designter Bruch im Estrich Erde aus dem Waldviertel freilegt und so auf den Ursprung des Lokals aufmerksam macht. In diesem Spiel um Material, um Hommagen und Verknüpfungen, hat Wien nun einen neuen Player: der frisch eröffnete Weingarten am Meidlinger Markt. Gleich neben der Meidlinger Alm, die ebenso wie das neue Lokal (nebst einigen Golden Harp Pubs oder auch dem Café Blaustern) von Multigastronomin Olga Deszczynska geführt wird, ist der Weingarten nun das erste reine Weinlokal am Meidlinger Markt.
Modernes Marktdesign
Die architektonische Gestaltung stammt aus der Feder von Alexander Holzer, bei Artmüller Architekten spezialisiert auf Interieur und Gastronomie. „In Anlehnung an einen Weinkeller haben wir uns für einen geziegelten Terrakottaboden in einem aktuellen Fischgrätmuster entschieden“, erzählt Holzer, „und auch in den Farben haben wir uns von dem Thema Wein inspirieren lassen – dazu gehören natürlich warme Grüntöne, die das Grün der Weingärten aufnehmen.“ Die Holzlamellendecke beschreibt Holzer als zeitgemäße Interpretation eines Gewölbekellers. Die seitlichen Faltelemente aus Kupfer möchte er als Hommage an die Rollläden des umgebenden Marktes verstanden wissen. Klappt man die Fenster nach oben und öffnet die seitlichen Faltelemente, gehen Innen und Außen fließend ineinander über. Die Tischlerarbeiten wurden von der oberösterreichischen Tischlerei Litzlbauer übernommen, die selbst über reichlich Erfahrung im Gastronomiebereich verfügt.
Für jede Gelegenheit
In der Konzeption der Sitzgelegenheiten schafft man unterschiedlichste Szenarien – vom hohen Bartisch für einen schnellen Schluck und einen Happen bis hin zu gemütlichen Sitzecken, für die Holzer ein besonderes Gestaltungselement wählt: „Die Wandverkleidung besteht aus gebrauchten Weinkisten. Eigentlich wollten wir nur österreichische Winzer dabeihaben, aber es haben sich auch ein paar Franzosen reingeschummelt“, so der Architekt weiter. Dafür findet man auf der Speisekarte ausschließlich feine Tropfen aus Österreich. Nach und nach kooperiert man mit 12 heimischen Winzern aus unterschiedlichen Weinregionen, die Karte wird dabei alle zwei Wochen gewechselt. Dazu kredenzt man feine Schmankerl, Aufstriche vom Weingut Stefan Rosenberger, Paprika-Marmelade, Marillen-Chutney und vieles mehr, das man wahlweise vor Ort genießen oder zum Mitnehmen erwerben kann.