Gut, aber aus: Derzeit herrscht im Premium-Segment der Hauptstadt ein echter Verkäufer-Markt. Die Angebote sind rar, das was auf den Markt kommt dafür aber hochwertig und heiß begehrt.
Wie wohnt man in Wien im Jahr 2022? Die kurze Antwort laute „Genauso, wie man will.“ Zumindest dann, wenn das Budget es zulässt. In der lebenswertesten Stadt der Welt – lassen wir das Vorjahres-Ranking einmal außer Acht – wird die Vielfalt im Premium-Segment immer größer; können die Käufer unter Altbauetagen, Dachausbauten, Stadthäusern, Industrial-Lofts, Turmwohnungen und Park-Villen wählen. Gibt es Revitalisierungen, die dem imperialen Charme huldigen und bis zu den Beschlägen alle schönen alten Details wieder zum – zeitgemäßen – Leben erwecken. Oder große internationale Architektur, die Wiens Rang als Weltstadt weiter festigt. Und nachdem die vorschnell verkündete Stadtflucht wahlweise abgesagt ist oder gar nie geplant war, finden sich die neuen Lebenswelten mitten in der Stadt, am Ufer der Donau beziehungsweise des Kanals oder in den Grünbezirken rundherum. Allein: So vielfältig das Angebot auch ist – es ist zu klein. Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem – und das, obwohl ein Großteil der internationalen Käufer noch immer nicht auf dem Niveau der Vor-Coronazeiten zurückgekommen ist.
Zu wenig Luxus in der City
„Vor allem innerstädtisch zwischen dem Ersten und dem Neunten gibt es einfach zu wenig Angebot“, berichtet Peter Havlik, Geschäftsführer von Piment Immobilien, „besonders an klassischen Altbauten.“ Denn nach der Fertigstellung vieler großer Projekte in den vergangenen Jahren, seien diese weitgehend abverkauft worden, so der Entwickler und Makler. Wenn überhaupt, seien nur mehr bei großen Projekten – etwa den beiden Häusern am Werdertor oder dem Kayser am Franz-Josefs-Kai – einige wenige, große Einheiten verfügbar; andere, wie etwa das No. 10 in der Renngasse, seien inzwischen komplett verkauft worden. „Und aktuell kommt im Ersten nichts Neues dazu“, bedauert Havlik – denn verkaufen könnte man jede Menge. Die Gründe für das „Gut, aber aus“ bei den Prestigeprojekten in der Innenstadt liegen nicht nur darin, dass in volatilen Zeiten immer gern Geld in Immobilien investiert wird, sondern sind vielfältig, wie Michael Schmidt, geschäftsführender Gesellschafter der 3SI Immogroup, vor Augen führt. „Es hat sich vieles verändert, die Wohnung wird immer wertvoller, weil die Pandemie gezeigt hat, was wirklich wichtig ist“, so der Entwickler. „Dabei ist das Auto als Statussymbol in den Hintergrund gerückt, und die Wohnung hat an Bedeutung gewonnen.“ Außerdem wird die Zahl der Gebäude in der Innenstadt, die sich noch entsprechend entwickeln lassen, immer kleiner, von Baugründen ganz zu schweigen. „Weshalb natürlich die Nachverdichtung ein großes Thema ist“, so Schmidt. „Da wäre es meiner Meinung nach durchaus eine Überlegung wert, ob man die Auflagen etwa für Dachausbauten nicht erleichtern sollte.“
Sicherer Hafen Zinshaus
Auch das Angebot an Zinshäusern ist derzeit nicht unbedingt überschäumend, wie Schmidt berichtet. Was aber der Wertsteigerung naturgemäß zugutekommt. „Ein Zinshaus ist wie guter Wein oder ein Oldtimer und wird mit dem Alter immer mehr wert“, so der Immobilien-Experte. Für Anleger, die es sich leisten können, sei ein schönes Zinshaus ein sicherer Hafen mit einer kleinen Rendite, die aber in den vergangenen zehn Jahren immer gestiegen sein. „Und das werden sie auch weiter tun“, ist Schmid überzeugt. „Da gibt es kein Rauf und Runter, sondern geht immer nach oben. Daher glaube ich auch heuer wieder an eine Wertsteigerung von mindesten fünf Prozent“, prophezeit er.
Einen weiteren Aufwärtstrend sieht IVV-Geschäftsführer Sascha Haimovici auch bei den Preisen für Wohnimmobilien. „Die Preise werden geringfügig steigen“, ist er überzeugt. „Gleichzeitig wachsen auch die Ansprüche der Käufer hinsichtlich Komfort, Digitalisierung, Qualität und hochwertiger Serviceleistungen rund um die Immobilie.“