Wie werden wir in den nächsten Jahrzehnten wohnen? Ein Deutungsversuch.
Sie sind eine ganz normale Familie der 60er Jahre – die Mutter Hausfrau, der Vater Fabriksarbeiter, zwei Kinder, das Mädchen ein Teenager, der Sohn ein Volksschulkind. Ihr idyllisches Familieneigenheim liegt in der Stratosphäre. Moment – was? Die Rede ist natürlich nicht von einer realen Familien, sondern von den Jetsons, der wunderbar skurrilen Zeichentrickfamilie aus der Zukunft. Das Spiel mit Zukunftsvisionen darüber, wie wir bald leben werden, ist seit jeher Grundlage für Popkultur ebenso wie für Wissenschaft. Zukunftsforscher überschlagen sich in Voraussagen dessen, was bald „Standard“ sein wird. Und oftmals liegt die Fantasie gar nicht so weit daneben – George Jetsons Videotelefonie ist heute gang und gebe, und auch Rosie, die Roboterhaushälterin saust im wesentlichen als Roomba durch die Wohnung. Und doch fällt eines auf – bei aller modernen Technik spiegeln die Jetsons ganz klar das Familienbild der 60er Jahre. Zur Arbeit mit dem Raumschiff? Kein Problem. Die Frau berufstätig. Unvorstellbar.
Dabei ist es das kleine Einmaleins der Zukunftsforschung, dass Gesellschaft und Technologie sich gegenseitig formen. Das gilt auch für das Wohnen – wer also wissen will, wie sich das Wohnen in den nächsten Jahrzehnten verändern wird, muss sich ansehen, wohin die Gesellschaft unterwegs ist. Ein kurzes Googeln und schon fällt auf, dass dieselben Megatrends im Wesentlichen überall auftauchen: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Urbanität, Individualisierung, Silver Society, Multifunktionalität und Sharing Society – und natürlich noch viele mehr, aber diese wollen wir hier exemplarisch untersuchen und herausfinden, wie die Immobilienbranche bei der Gestaltung des Wohnraums der Zukunft auf sie reagiert.
Digitalisierung und Smart Living – Technologisierung für Zuhause
Erwin Größ, Geschäftsführer der Strabag Real Estate, sieht in der Digitalisierung eine Notwendigkeit, auf die sich auch die Immobilienbranche einstellen muss – insbesondere im Zuge von Corona würde die Branche einen weiteren Digitalisierungsschub erfahren. Nutzer, die gewohnt sind, ihre Bankgeschäfte, Einkäufe und Parkscheine digital zu erledigen, erwarten das auch im Eigenheim, so die Devise. Strabag setzt dabei auf das eigens entwickelte Wohn-Base Konzept: „So sind etwa Gemeinschaftsflächen wie Sauna, Infrarotkabine, Event- oder Home Office Räume sowie die Gäste Lounge, eine Art tageweise buchbares Hotelzimmer für Bekannte und Verwandte, allesamt über eine eigene App selbst von den Bewohnerinnen und Bewohnern reservierbar. Auch die Kommunikation mit der Hausverwaltung erfolgt über diese App.“, erklärt Größ. Liv Geschäftsführerin Pamela Zoidl gibt sich vorsichtiger: „Immerzu hört man vom „smarten Zuhause“, wobei ich der Meinung bin, dass sich der Digitalisierungstrend in der Immobilienbranche noch nicht so stark durchgesetzt hat, im Vergleich zu anderen Bereichen. Wo wir verstärkt eine Nachfrage nach Smart-Home-Systemen bemerken, ist im Luxussegment. Hier erwarten sich die Mieter beziehungsweise Käufer sehr wohl, dass Heizung, Jalousien oder auch das Beleuchtungssystem und die Alarmanlage zentral übers Smartphone oder Tablet gesteuert werden können. Hier fragt kaum jemand danach, wobei ich nicht ausschließe, dass sich das in den nächsten Jahren noch ändern kann.“