Individualisierung und Urbanität – Vielfalt auf engem Raum

„Wir sind international, wir sind traditionell, wir sind kulturell, wir sind urig und auch ‚g’schert‘.“, beschreibt Pamela Zoidl von LIV die Bundeshauptstadt liebevoll, „Schließlich lebt eine Stadt wie Wien von ihrer Diversität und macht sie erst richtig lebendig und lebenswert. Urbanität bedeutet für mich genau das: Möglichst viel Individualisierung unter dem Dach einer Stadt mit vielen Facetten.“

Generell gehe der Trend zu kleineren, dafür besser geplanten Wohnungen, die einer steigenden Zahl von Singlehaushalten gerecht wird, gleichzeitig aber den Platzmangel im städtischen Raum berücksichtigt: „Um der Verdichtung mehr Raum zu geben, wächst die Stadt. Und zwar nicht nur in die „Breite“ (Bsp. Aspang) sondern auch in die Höhe (Bsp. Triiiple).

Das Leben in einem Hochhaus gewinnt nun auch in Wien an Bedeutung und wenn die Stadt weiterhin so wächst und wir demnächst die 2-Millionen-Einwohner-Grenze überschreiten, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als den Wohnraum zu verkleinern.“ Kurzfristig sei durch Corona eine neue Bedeutung von grün und Freiraum erkennbar, beschreibt Glorit Geschäftsführer Lukas Sattlegger: „Gefragt sind vor allem größere Wohnungen und vollunterkellerte Häuser jeweils mit Freiflächen wie Garten und Terrasse in den grünen Randbezirken Wiens – genau jene Parameter, die in Zeiten von Home-Office und Fitnessprogramm zu Hause noch wichtiger geworden sind.“ Freilich muss man sich das leisten können – Zoidl etwa schreibt den Trend zu kleineren Wohnungen nicht nur dem Platzmangel, sondern auch den steigenden Immobilienpreisen zu. Größ beschreibt die Strategie der Strabag: „Wir tragen diesen Entwicklungen aktuell etwa mit einer Vergrößerung der Anzahl an 2-Zimmer-Wohnungen Rechnung und setzen einen starken Fokus auf Allgemeinflächen und Sonderräume, die von der Hausgemeinschaft zusammen nutzbar sind.“

Gemeinschaftsflächen, wie hier ein Dachgarten, sind gefragt. LIV setzt um.

Multifunktionalität und Sharing Society

Womit wir auch schon beim nächsten Trend wären: wer alleine in einer kleinen Wohnung wohnt verlagert Freizeit und soziale Kontakte gerne hinaus – insbesondere ins Grüne: „Gemeinschaftsgärten gewinnen sehr an Bedeutung – spaziert man beispielsweise durch den 7. oder 8. Bezirk, findet man zahlreiche, kleine Gemeinschaftsgärten, in denen Anrainer ihr Obst und Gemüse anbauen und hier bei einem Gläschen Wein die Ernte und das Leben besprechen.“ schildert Zoidl. Gemeinschaftsaspekte sind aber im Zeitalter zunehmend selbstbewusst Konsumenten etwas, das schon im Vorhinein am besten mit den Nutzern selbst ausgearbeitet wird: „Genau das soll durch das sogenannte „Community Building“ erreicht werden, das wir beispielsweise bei unserem Wohnbauprojekt Facettenreich in Wien-Liesing anbieten: Hier treffen sich die künftigen Eigentümerinnen und Eigentümer bereits vor Bezug ihrer Wohnungen, nämlich während sich das Gebäude noch in Bau befindet, lernen sich gegenseitig kennen und erarbeiten in einer Workshopreihe gemeinsam die Nutzungswünsche für solche Gemeinschaftsräume.“, erklärt Größ.

Wenn auch das Sharing Grenzen hat: „Gemeinschaftsküchen sehe ich eher bei jungen Leuten im Studentenalter oder der älteren Generation, die den Kontakt zu anderen Menschen braucht. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der Österreicher oder Wiener seine eigenen vier Wände gerne als persönlichen Rückzugsort genießt.“, meint Zoidl. Was schließlich die Multifunktionalität eben dieser vier Wände ins Spiel bringt.

Glorit-Geschäftsführer Stefan Messar: „Corona hat der Multifunktionalität des Eigenheims eine neue Dimension verliehen. Denn Zuhause ist inzwischen viel mehr als nur Wohnraum. Die perfekte Wohnimmobilie von heute ist ein Mix aus gemütlichem Zuhause, persönlicher Hobby-Werkstatt, Büro und Fitness-Studio.“

Durch Corona wurde das Eigenheim multifunktional: Neben gemütlichem Wohnraum gibt es Office, Home-Gym und Hobby-Raum.

Silver Society – unabhängig altern

Barrierefreiheit ist seit langem ein Begriff – doch was für die meisten Lift und Rollstuhlrampe bedeutet geht noch viel weiter. Dementsprechend setzt sich zunehmend das Konzept des Ambient Assisted Living als Begriff durch. Darunter versteht man all die Kleinigkeiten, die einem das Leben im fortgeschrittenen Alter leichter machen. Zoidl nennt exemplarisch dafür das Projekt Apfelbaum, das LIV gemeinsam mit dem gleichnamigen Verein in Wien umsetzt. In diesem Wohnprojekt soll auf die Bedürfnisse von Menschen im Alter oder auch mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen eingegangen werden: „Schließlich geht es darum, die Lebens- und Wohnqualität von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, inklusive altersschwächeren Menschen, zu steigern. Barrierefreiheit definiert sich hier nicht über den Einsatz von modernster Technik, sondern über Funktionalität, wie schwellenlose Zugänge, kontrastierende Farben und Flächen bzw. allgemein verständliche Orientierungssysteme in der Garage, im Stiegenhaus und den Gemeinschaftsräumlichkeiten. Letztere spielen beim geplanten Projekt „Apfelbaum“, dem inklusiven Dorf in der Stadt, eine wesentliche Rolle, um der Vereinsamung im Alter und damit einhergehende psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Offene Begegnungsräume und gelebte Inklusion sind hier unsere Zielsetzung.“

Strabag setzt bei der Barrierefreiheit auf das Konzept Human-Base, das in Abstimmung mit dem Roten Kreuz, dem Referat für Barrierefreies Bauen der Stadtbaudirektion Graz und MAIN_Medienarbeit Integrativ entwickelt wurde. Es beinhaltet beispielsweise automatische Türöffnung oder besonders großzügig gestaltete PKW-Stellplätze, Wenderadien von Rollstühlen werden ebenfalls mitbedacht. „ Immobilien sind immer eine Investition in die Zukunft. Auch wenn man beim Kauf einer Eigentumswohnung mit Ende zwanzig womöglich noch nicht daran denkt was in 60 Jahren sein wird, planen wir Wohnungen so, dass Grundrisse und Ausstattung auch den Ansprüchen höheren Alters schon heute gerecht werden.“, so Größ.

Bei der Strabag wird bei Grundriss und Ausstattung auch auf die ältere Generation Rücksicht genommen.

Nachhaltigkeit – Umweltbewusst wohnen

Der Einsatz von natürlichen Baumaterialien wird oft als ultimative Nachhaltigkeitsmaßnahme genannt. Ist das Haus der Zukunft also aus Holz? Jein, meint Größ: „Nachhaltigkeit definiert sich aus unserer Sicht nicht allein über den Baustoff. Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch: Ist das Haus auch in 50 Jahren noch nutzbar? Kommen aufwändige Instandhaltungsarbeiten auf die Eigentümerinnen und Eigentümer zu? Es stellt sich daher die Frage: In welchen Teilen benötigt es langlebige Baumaterialien und in welchen können wir bevorzugt auf Nachhaltigkeit eingehen – etwa, wenn es um die Auswahl von Ausstattungselementen wie Parkettböden geht. Holz ist an sich ein äußerst interessanter Baustoff, der nicht umsonst bereits seit Jahrhunderten verwendet wird. Bei einem unserer sich in Planung befindlichen Wohnbauprojekt im Wiener Nordbahnviertel sollen beispielsweise Holzelemente integriert werden.“

Zoidl stellt beim Thema Nachhaltigkeit vor allem die stadtplanerischen Aspekte in den Vordergrund, die im Zuge von Einzelprojekten mitbedacht werden können: „Im urbanen Bereich geht es im Wesentlichen auch darum, der sommerlichen Überhitzung der Stadt entgegenzuwirken. Dies wird durch weniger versiegelte und maximal begrünte Flächen erreicht. Pflanzen filtern und kühlen die Luft, indem sie Wasser verdunsten. Sie schaffen ein angenehmes, im Sommer kühlendes Mikroklima und fördern den reduzierten Einsatz von Klimageräten. Hinzu kommt der Einsatz von Regenwasser zur Bewässerung der Grünfl.chen auf Dächern und Gärten. Liv verfolgt diese Strategie nicht nur bei den Penthäusern, wo die Dachterrassen intensiv begrünt werden, sondern auch bei kleineren Einheiten, Innenhöfen und Gemeinschaftsflächen. Detaillierte Freiraumkonzepte stehen im Fokus unserer Projekt-Entwicklung.“ Zukunftsvisionen klingen immer fantastisch – bis sie Realität sind. Genau wie unsere Gesellschaft ist unsere Zukunft in einem ständigen Wandel. Waren die Jetsons mit ihrer futuristischen Technologie und klassischem Familienbild das Zukunftsideal der 60er, so sieht unser Zusammenleben mittlerweile ganz anders aus. Und es sieht ganz so aus, als wäre die Stratosphäre kein wünschenswerter Wohnort – vielleicht bleiben wir doch lieber auf der Erde.